Donnerstag, 10. Mai 2012

Screaming Masterpiece (2005) [Epix]


Screaming Masterpiece (2005) [Epix]

Island wird nicht nur mit einem verklärten Blick auf seine wunderschöne Landschaft und seine Einwohner verbunden, sondern auch mit oft sehr eigenwilliger Musik. Künstler wie Björk, Sigur Rós, Múm und Jóhann Jóhannsson konnten sich überaus erfolgreich in Nischen der Populärmusik einnisten und schafften es, Island auf die musikalische Landkarte vieler zu bringen. Doch sind genannte Künstler nur einzelne Leuchtfeuer an karger Küste oder brodelt es unter Island vor kreativer Energie?

Hahaha. Oh, man. Egal...
Wie die meisten wissen, brodelt es unter Island. Allerdings nicht vor kreativer Energie, sondern aufgrund der Tatsache, dass der 300.000 Seelen-Staat auf dem Mittelatlantischen Rücken liegt. Wobei ich den Mittelatlantischen Rücken jetzt nicht als stumpf oder ideenlos bezeichnen würde. Der Gute konnte in den letzten Jahren ja öfter durch Aktionskunst auf sich aufmerksam machen...ich drifte ab.
Die Dokumentation möchte einen Überblick über die isländische Musikkultur verschaffen und über Interviews herausarbeiten, was die Musik Islands denn so besonders macht.

Ersteres wird prächtig über allerhand Konzertmitschnitte erreicht. Hierbei wird sich nicht nur auf die „Stars“ beschränkt, sondern ein wirklich guter Querschnitt geboten. Sogar der erste offizielle Auftritt der jungen Band Nilfisk wird gezeigt, der ganz nebenbei erwähnt als Support für die Foo Fighters stattfand. Leider sind hier Bild und Ton nicht immer hundertprozentig.

Letzteres gelingt leider nur mäßig. Als Negativbeispiel sei hier Damon Albarn, mit dem seltsamerweise sogar geworben wird. Anscheinend schon am Ende eines längeren Abends angelangt, gibt er in wenigen Sätzen eine Anekdote zur Landschaft Islands zum Besten. Zumindest hat man den Blur-Sänger in der Dokumentation.
Es werden einige durchaus beeindruckende Zahlen zur musikalischen Aktivität der isländischen Bevölkerung gegeben und auf die der isländischen Sprache inhärente Rhythmik hingewiesen. Leider bleiben die meisten Interviews eher oberflächlich und begnügen sich damit, für sich zu werben und die eigene Sonderstellung herauszuarbeiten. Múm schaffen es ansatzweise, ihre Herangehensweise und ihre Intentionen in Verbindung mit ihrer Musik zu bringen, wodurch zwar nicht das Besondere an ihrer isländischen Herkunft erklärt wird, aber immerhin. Die kurze Passage zu den Anfängen der Punkszene in Island ist schon etwas interessanter geraten, da hier klar wird, dass sich die lokale Szene doch von anderen abheben wollte. Zwar immer noch politisch und oftmals aggressiv, wollten isländische Punks hauptsächlich eine positive Grundstimmung erzeugen, ohne dabei ihre Relevanz zu opfern.
Als den musikinteressierten Isländern eigen könnte man die Offenheit gegenüber den verschiedensten Genres bezeichnen. Zumindest in dieser Dokumentation bekommt man das Gefühl, dass alle Bevölkerungsschichten gute Musik annehmen würden, ohne sich auf Genres zu versteifen. Besonders eindrucksvoll zeigt dies der Beitrag über die Uraufführung des Liedes "Hrafnagaldur - Odin's Raven Magic", das alte Dichtung mit Klassik, Chorgesängen, dem Post-Rock von Sigur Rós und Minimalelektro vereint.

Was man bei dieser Dokumentation vermisst, ist die Auseinandersetzung mit der Frage, warum isländische Musik bei vielen Leuten eine Sonderstellung einnimmt. Die etwas unbekannteren vorgestellten Bands wurden zwar so vorgestellt, dass sie sich zwar eines Genres bedienen, doch natürlich dem Ganzen ihren eigenen Stempel aufdrücken. Das sagen allerdings die meisten Bands, egal woher sie kommen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass viele eher durchschnittlich abliefern. Schade.

Screaming Masterpiece ist eine gute Dokumentation, um einen Überblick über die isländische Musikszene zu bekommen. Tiefergehende Fragen werden leider nur angerissen, sodass es teilweise eher wie ein Werbefilm wirkt.

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