Dienstag, 19. März 2013

Femina ridens (1969) [Koch Media]

Femina ridens (1969) [Koch Media]

Dr. Sayer (Philippe Leroy) hat ein Problem. Naja, eigentlich mehrere. Aber die Sterilisation des Mannes als moderne Verhütungsmaßnahme ist ihm ein besonderes Dorn im Auge. Stellt die Pille eine für seine Auge harmlose Vorgehensweise dar, ist die Sterilisation ein grausamer irreversibler Eingriff. Er sieht seine Männlichkeit und seine naturgegebene Position als elementarer Teil der menschlichen Fortpflanzung bedroht. Die Frauen wollen sich von den Männern sowohl gesellschaftlich als auch biologisch lösen, so sein Verdacht. Dass sein Verhältnis zu Frauen nicht allzu übliche Formen angenommen hat, erklärt sich da fast von selbst. So hält er alsbald die junge attraktive Journalistin Maria (Dagmar Lassander) in seinem Anwesen gefangen, um an ihr ein Exempel zu statuieren. Die junge Dame hat nämlich viel zu selbständige Gedanken und Verhaltensweisen für eine Frau. Das kann man so ja nicht stehen lassen und er versucht sie zu brechen. Doch er unterschätzt zum einen Marias Intelligenz und zum anderen plant er seine eigenen Gefühle gänzlich falsch ein...

Das hört sich so zusammengefasst recht zahm an, nimmt aber schon gerne mal äußerst unangenehme Züge an. Ich freue mich gerade gar nicht darauf, hier eine Besprechung zum Besten zu geben. Auf jeden Fall kann man dem Film nicht vorwerfen, thematisch angestaubt zu sein. Sexismus bzw. Geschlechterrollen sind in letzter Zeit ja auch mal wieder Thema der breiten Masse geworden. Wenn auch nur für kurze Zeit.

Zu Beginn beherrscht Sayers Obsession mit der Wahrung seiner Männlichkeit den Film. Er nimmt Maria gefangen und lässt sie leiden. Hier mag der ein oder andere SM-Freund steil drauf gehen, aber zumeist ist es beängstigend, mit welcher Genauigkeit Sayer versucht, Maria zu brechen. Sein ganzes Anwesen ist auf diese Aufgabe ausgelegt. Die physischen Gewaltakte scheinen harmlos gegenüber dem, was er ihr psychisch anzutun versucht. Für den Zuschauer ist wohl die Szene irritierender und gruseliger Höhepunkt, in der er Maria dazu zwingt, Sex mit einer relativ realitätsnahen Gumminachbildung seiner selbst zu haben. Sowohl Leroy als auch Lassander können diese Szenen überaus intensiv gestalten. Die Ruhe, mit der die Grausamkeiten gefilmt werden, tut ihr übriges.

Sobald Sayer sich am Ziel wähnt und er allmählich Gefühle für Maria zulässt, verändert sich die Stimmung des Films rapide. Dass man es nicht mit einem vollends ernst gemeinten Streifen zu tun hat, merkt man spätestens bei der subtilsten Szene, die ich bis dato sah. Zu viel möchte ich nicht spoilern und die Aufzählung "Zug, Bläserinnen, Kopfbewegung Richtung Schritt" verrät jetzt ja auch noch nicht viel.
Auf jeden Fall dreht Maria den Spieß um und es wird klar, dass Sayer sich langsam in die Abhängigkeit von ihr begibt - etwas nach dem er sich schon immer sehnte.

Das Ende ermunterte laut dem auf der DVD vorhandenen Interview mit Regisseur Piero Schivazappa wohl einen Rezensenten dazu, den Film recht misogyn zusammenzufassen. Sei der Mann ein von Natur aus brutales, triebgesteuertes, aber unschuldiges Wesen, sei die Frau durchtrieben und abgrundtief böse. Wenn man denn möchte, kann man sich das in den Film hineinzwängen. Gerade, wenn man Journalist in den 60ern ist, der mit dem ganzen Emanzipations- und Feminismusgeraffel nichts am Hut haben will.
Der Film ist dahingehend im Fahrwasser dieser Bewegungen zu sehen. Es handelt sich um einen mit bisweilen recht bizarren Momenten gespickten, aber dennoch milden Exploitationfilm.

Der Film erscheint mit Tödliches Erbe und Die Waffe, die Stunde, das Motiv in der "Koch Media Giallo-Collection - Teil 1" auf DVD. Die Bildqualität ist akzeptabel und weißt erstaunlich wenig Verunreinigungen auf. Auf eine deutsche Tonspur muss man verzichten. Die englische Originaltonspur und die italienische sind vorhanden und deutsche Untertitel ebenso. Als Extra gibt es ein wirklich interessantes und vor allem aktuelles Interview mit Regisseur Piero Schivazappa.

Femina ridens hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Über das Thema bzw. den Film an sich kann man nach dem Schauen sicherlich eine Weile diskutieren. Während des Films wechselt man immer wieder zwischen leichtem Grauen und freudiger Alberei. Ziel erreicht.

7 von 10 Körpertrockner