Freitag, 18. Oktober 2013

Kommissarin Lund - Die komplette Serie: Das Verbrechen II (2009) [Edel:Motion]

Kommissarin Lund - Die komplette Serie: Das Verbrechen II (2009) [Edel:Motion]

Zwei Jahre nach den Ereignissen der ersten Staffel fristet Sarah Lund (Sofie Gråbøl) ein trostloses Leben als Polizistin an einem abgelegenen Fährhafen. Ihr entfremdeter Sohn wohnt bei ihrem Ex-Ehemann, ihr Ex-Verlobter Bengt ist kein Thema mehr. Aber zumindest versucht ihre Mutter noch den Kontakt zu ihr zu halten. Doch gut ist Sarahs Situation weder beruflich noch privat. Eines Tages bekommt sie Besuch eines Kollegen von der Mordkommission. Ihr alter Chef Brix (Morten Suurballe) möchte ihre Meinung zu einem Mord in Kopenhagen hören.
Die Anwältin Anne Dragsholm (Sarah Gottlieb) wurde mit unzähligen Messerstichen getötet und an das Zweite-Weltkriegs-Denkmal Henrettelsespladsen gefesselt. Anscheinend hatte sie zuvor an der Aufbereitung eines Zwischenfalls mit den dänischen Truppen in Afghanistan gearbeitet. Zusammen mit Ulrich Strange (Mikael Birkkjær) finden sie schnell heraus, dass Dragsholms Ex-Ehemann zu Unrecht verhaftet wurde, die Verbindungen weit in die Strukturen des Militärs reichen und es sich eventuell sogar um einen terroristischen Akt zur Vergeltung dänischer Aktivität in Afghanistan handeln könnte...

Der Fall erweckt auch das Interesse des gerade frisch ins Amt gerufenen Justizministers Thomas Buch (Nicolas Bro). Buch kommt ins Amt, da sein Vorgänger durch einen Herzinfarkt ausschied und wohl nicht mehr zurückkommen wird. Eigentlich als Laufbursche des Ministerpräsidenten gedacht, fängt er an Fragen zu stellen und seine ganz eigenen Ideen zu verfolgen. Anstatt die stark von Rechts beeinflussten Anti-Terror-Gesetze einfach durchzuwinken, handelt er sich von Tag zu Tag mehr Probleme ein.
Währenddessen kämpft der in einer Heilanstalt des Militärs sitzende Jens Peter Raben (Ken Vedsegaard) um seine Entlassung, um wieder mit seiner Frau Louise (Stine Prætorius) und seinem Sohn Jonas (Tobias Krohn) leben zu können. Doch gerät er bald ins Visier der Ermittlungen, da er Teil der Einheit war, deren Geschichte Dragsholm nochmals näher betrachten wollte...

Auch wenn die Zusammenfassung etwas länger geraten ist als bei der ersten Staffel, ist die zweite Staffel am Ende mit 570 Minuten doch nur halb so lang. Man kann es schon ahnen, dass das dazu führt, dass die Geschichte etwas geraffter und mit weniger Umwegen erzählt wird als zuvor.
Das Ensemble der beteiligten Charaktere bleibt jedoch ähnlich komplex. So kann man vier Hauptstränge der Story festhalten, deren Charaktere immer wieder aneinandergeraten. Da wären zum einen Lunds und Stranges Ermittlungen, Buchs Arbeit im Ministerium, das Schicksal der Rabens und die Geschehnisse im Militär.

Von den Charakteren der ersten Staffel sind letztlich nur noch vier übrig: Sarah Lund, ihre Mutter, ihr Sohn und erfreulicherweise Lennart Brix. Lennart Brix stieß etwas später als Leiter der Mordkommision in der ersten Staffel hinzu und war nie so richtig einzuordnen. Suurballe spielt ihn als distanzierte, analytisch denkende Person, kann aber in kurzen persönlichen Momenten aufzeigen, wie viel davon Fassade ist. Super!

Sofie Gråbøl führt ihre Rolle konstant gut weiter. Beachtlich ist, wie sie die Zeit zwischen den Staffeln sichtbar macht. Sarah ist zu Beginn irgendwo in einem Graubereich gefangen, der so gerade das Nötigste an Leben ermöglicht. Zudem hadert sie weiterhin mit dem Tod Jan Meyers, der ihr nicht nur emotional Schwierigkeiten brachte. Ihre sozialen Kontakte liegen auf Eis, die Beziehungen zu ihrer Familie sind gelinde gesagt beschissen. Dies wird alles nicht in großen Szenen durchexerziert, sondern nur durch kleine Andeutungen und im Falle von Sarah ein paar Blicken klar. Eindringlich!

Ihr neuer Partner Ulrich Strange wirkt zuerst wie ein extrem bodenständiger Typ, der recht zielorientiert handelt und die Sachen um sich absolut im Griff hat. Jedoch hat auch er die Beziehung zur Mutter seiner Kinder gegen die Wand gefahren, hat aber anscheinend weniger Probleme, jemand neues finden zu wollen. Sein Interesse an Sarahs Person ist daher auch eher "romantischer" Natur, was zu einer ganz fürchterlich unangenehmen Szene zwischen den beiden führt und erneut Sarahs Schwierigkeiten mit anderen Menschen zeigt.

Der politische Teil der Geschichte stützt sich diesmal auf den Charakter Thomas Buch, der selbst etwas perplex ist, als er zum neuen Justizminister ernannt wird. Buch kommt als Querkopf rüber, der sich scheinbar immer wieder bei seinen eigenen Fähigkeiten zu verschätzen scheint. Doch im Gegensatz zu den gestandenen Politikern um ihn herum, versucht er noch weiterhin, seine Ideale und Ideen zu vertreten, ohne dabei an den eigenen Machterhalt zu denken. Wie schwierig das ist, bekommt er sehr schnell zu verstehen.


Im Gegensatz zur ersten Staffel wird die Politik nicht nur dafür genutzt, Intrigen und Korruption in den staatlichen Organen darzustellen, sondern auch um das Thema Terror in den Mittelpunkt zu stellen.
Durch ein Video, das an das dänische Volk gerichtet ist und Rache für getötete Muslime heraufbeschwört, sieht sich die Politik befähigt, ausreichende Unterstützung für schärfere Gesetze zu erlangen, und instrumentalisiert die neu geschürte Angst vor Muslimen für ihre Zwecke. Im Verlauf der Geschichte wird zwar schnell klar, dass es sich bei dem Video und den folgenden Morden nicht um religiös motivierte Taten handelt, dennoch wird auf dieser Schiene weitergearbeitet. Buch versucht hier gegenzusteuern, doch fraglich, ob dies von Erfolg gekrönt sein wird.

Dass das Militär in diesen Fall verwickelt ist, hätte auch gut und gerne daneben gehen können. Günstigerweise ist dem nicht so. Es wird nicht irgendein "Unterstützt die Truppen"-Werbefilm abgespult, sondern relativ vernünftig mit dem Thema umgegangen. Soldaten decken sich gegenseitig, um Fehler zu vertuschen, und bauen gehörigen Mist, wenn sie unter Druck geraten - sind ja immerhin schwer bewaffnet.
Die Berichterstattung ist in den letzten Jahren in Bezug auf Morde, die von Soldaten nicht in Selbstverteidigung begangen worden sind, leicht besser geworden. Wirklich geändert hat das nichts. Dennoch ist so ein Fall Grundlage für die gesamte, sich hier entfaltende Geschichte. Die Beteiligten haben alle eine andere Version des Geschehens und am liebsten wäre es der Militärführung, dass alle einfach die Klappe halten.

Von daher gibt es wieder viele mögliche Mörder, leider wird der Fehler gemacht, fast zum gleichen Zeitpunkt im Gesamtverlauf der Geschichte wie in Verbrechen I einen Hinweis auf den Mörder zu geben. Der Hinweis wirkt auf den Zuschauer im ersten Moment etwas abstrus, doch hebt er sich genau deswegen auch von bisherigen Verdachtsmomenten ab. Dieser etwas zu deutliche Fingerzeig macht im Falle der zweiten Staffel das Finale vorhersehbar und nimmt ihm auch etwas an Dramatik.
Das ist wirklich schade, denn ansonsten macht Verbrechen II was die Geschichte angeht vieles richtig und ist - was wohl das wichtigste ist - spannend.

Handwerklich ist die Staffel etwas besser ausgefallen, da nicht mehr so oft Blödsinn beim Schnitt betrieben würde. Die Szenen sind insgesamt düsterer ausgefallen, die Bilder teils ruhiger als noch in der ersten Staffel.
Die DVDs sind irgendwo ok. Das Bild ist leider immer noch nicht wirklich gut und die fehlende Originaltonspur regt mich weiterhin auf. Dafür ist die Dynamik der deutschen Tonspur zumindest so, dass die Leute zu unterscheiden sind.

Das Verbrechen II baut zügig eine spannende Geschichte auf und hat auch starke Charaktere zu bieten, löst das Ganze jedoch etwas enttäuschend auf.

6,9 von 10 Opas in Uniform