Donnerstag, 21. November 2013

Before Watchmen: Dr. Manhattan (Panini)

Before Watchmen: Dr. Manhattan (Panini)

Ein weiterer Antiheld der Before Watchmen Reihe ist ein ehemaliger Doktor der Physik und Sohn eines Uhrmachers, Dr. Jonathan "Jon" Osterman. Dieser Name wich jedoch einer neuen Identität als Jon bei einem Unfall im Forschungstrakt für hochenergetische Teilchen in seine Moleküle zerlegt wurde. Er kehrte als vollkommen neues Wesen zurück, welches die übernatürlichen Kräfte der Transmutation, der Telekinese und der Teleportation beherrscht, die sich aus seiner augenscheinlich völligen Kontrolle von Materie und Energie ergeben.

Der Inhalt einer Schachtel ist in der Quantentheorie im gleichen Moment alles und auch nichts. Erst in dem Moment, in dem derjenige, dem das Paket übergeben wird, es öffnet, wird die Unendlichkeit aus Möglichkeiten zu einer und zugleich zu unendlich vielen Realitäten. Die Frage, die Dr. Manhattan umtreibt und welche selbst er nicht beantworten kann, lautet: Was bin ich und warum bin ich? Er besitzt die Fähigkeit, in alle Möglichkeiten der Realität und aller anderen Universen zugleich zu schauen. Es sei alles eine Frage der Perspektive und ihrer Wahrscheinlichkeit, etwas wie Schicksal ist dadurch ausgeschlossen, da es in jedem Moment bereits alle Möglichkeiten gibt. Doch um herauszufinden, warum er ist, was er ist, muss er zum Anfang, zur Barriere seiner eigenen Existenz und darüber hinaus zurückkehren.

In diesem Moment, in einem bestimmten Universum, befindet sich Jonathan Osterman in der Kammer für intrensische Feldtests und wird in seine Moleküle zerlegt. Jedoch nicht in der Realität, in die sich Dr. Manhatten zurückgeben hat. Es ist ihm unerklärlich, doch was eigentlich passieren sollte, passierte nicht, und die Ereignisse nehmen eine andere Wendung. Jon verlässt die Kammer, bevor sie sich für den Test verschließt, und kommt ohne sein Wissen dadurch mit dem Leben davon. Es entsteht in einem Moment eine alternative Realität zusammengesetzt aus unendlichen Wahrscheinlichkeiten. 
In dieser heiratet Jonathan seine Kollegin Janey, mit der er schon viele Jahre zusammen gewesen ist ,und beide leben ein normales Leben mit einer einzigen Auffälligkeit; die Uhr, die Osterman vor dem Feldtest aus der Kammer gerettet hatte, ist um genau viertel nach eins stehen geblieben und konnte von ihm seitdem nicht mehr repariert werden, völlig gleich, wie sehr er sich auch bemüht.
Er fragt sich, wie das Möglich sein konnte, wieso die Zeitlinie nicht jenen Verlauf genommen hat, der zu seiner eigenen Entstehung führt. Da trifft ihn die Erkenntnis: Es ist nur dadurch zu erklären, dass Dr. Manhattan selbst nicht mehr Teil der gewöhnlichen Raum-Zeit im Sinne der Quantentheorie  ist, sondern durch die Beschaffenheit seines Wesens eine andere Perspektive eingenommen hat. Er ist nicht Reaktionär sondern Aktionär, er ist der Quanten-Beobachter. Jenes Subjekt, das in der Theorie die Entscheidung trifft, in welchem Zustand sich die Quanten befinden.
Dr. Manhattan sieht nur eine Möglichkeit, diesen Effekt aufzuhalten: Er muss all seine Entscheidungen zu Gunsten derer aller Anderen abgeben. Hierzu nutzt er seine Kraft, um jede Wahrscheinlichkeit auf seiner eigenen Zeitlinie so zu eliminieren, dass die Zeitlinie nur einen einzigen von ihm gewünschten Verlauf nimmt, hin zu seiner eigenen Entstehung im Labor für intrensische Feldforschung…

Das Prinzip von Aktion und Reaktion von Entscheidung und Wahrscheinlichkeit zeigt eine Welt, in der Dr. Manhattan niemals existiert hat. Auch wenn diese Welt auf gewisse Weise das temporale Echo seiner Abwesenheit spürt, weiß von diesen Ereignissen natürlich niemand etwas. Die Geschichte von J. M. Straczynski entfaltet sich um Quanten-Effekte und Raum-Zeit Ereignisse herum und weckt dabei interessante Fragen über die Entstehung des eigenen Ereignishorizonts.

Besonders gelungen ist der im letzten Kapitel stattfindende Perspektiven-Wechsel. Da Dr. Manhattan selbst keine Entscheidungen mehr treffen möchte, um das feine Gefüge der Raum-Zeit nicht erneut zu stören, wechselt die Ansicht von ihm zu Adrian als Erzähler, dieser Punkt wird durch einen netten visuellen Trick noch etwas verdeutlicht. Im Moment des Wechsels, werden alle folgenden Panels auf den Kopf gestellt, so dass der Leser sein Comic-Heft um 180 Grad drehen muss, und somit selbst eine neue Perspektive auf die Ereignisse einnimmt.
Die grafische Darstellung mit kalten blauen Farben für die Gegenwart und warmes Sepia in den Rückblenden, ergibt zusammen mit kräftigen Schattierungen und dicken Außenlinien ein angemessenes Erscheinungsbild.

Before Watchmen: Dr. Manhattan hat mich durch die Anknüpfung an die Hauptgeschichte und das einbeziehen des Lesers in den Perspektivenwechsel, sowie mit den vielen Fragen und Gedanken zur Beschaffenheit von Raum und Zeit, sehr gut unterhalten.


8.2 von 10 kosmischen Unwahrscheinlichkeiten