Montag, 6. August 2012

Life - Das Wunder Leben: Die komplette Serie (2011) [Polyband]


Life - Das Wunder Leben: Die komplette Serie (2011) [Polyband]

Life - Das Wunder Leben ist eine BBC-Dokumentationsreihe, die sich zum Auftrag gemacht hat, noch nie dagewesene Aufnahmen unserer Welt zu präsentieren. Polyband veröffentlichte nun Volume 1 und 2 zusammengefasst in einer Komplettbox im Pappschuber. Die Box umfasst 4 Blu-ray Discs. Es sind 10 Folgen á 50 Minuten und ca. 115 Minuten Bonusmaterial vorhanden, was exakt dem Inhalt der Einzelveröffentlichungen entspricht.


Das Backcover kündigt das Wunder Leben an, „wie es nie zuvor zu sehen war!“. Das ist natürlich eine Ankündigung, die schwerlich zu erfüllen ist. Aber ich muss wirklich sagen, dass mich das gebotene Material mehrere Male wirklich ins Staunen versetzt hat. Ich habe schon die eine oder andere Naturdokumentation gesehen, aber was in diesen 10 Folgen geboten wird, ist wirklich extraordinär.

Im Fokus stehen außerordentliche Verhaltensweisen der verschiedenen Tierklassen. Sind manche davon dem geneigten Naturfreund schon bekannt, schaffen die Dokumentationen doch irgendwie immer weitere Informationen oder fantastische Eindrücke hinzuzufügen. So sieht man, wie Kapuzineräffchen Hammer und Amboss nutzen, aber eben auch Vorratshaltung betreiben und ein sehr exaktes Gefühl dafür entwickelt haben, wie lange sie die gesammelten Früchte nachreifen lassen müssen, um an das schmackhafte Innere zu gelangen. Mmmmh, Schmackofatz.
Aber die äffischen Leckermäulchen sind nicht der einzige Hingucker. Faszinierend ist auch eine Spitzmausart, die ihr natürliches Habitat derart umgestaltet, dass in einem festen Areal „Straßen“ entstehen. Veränderungen werden schnell wahrgenommen und sollten gefährliche Eindringlinge daherkommen, ist die listige Spitzmaus immer vorbereitet. Sie könnte die Wege blind ablaufen und hat so eine immens hohe Chance Angreifern zu entkommen. Ihr physisches Erscheinungsbild ist dieser Lebensweise perfekt angepasst. Ihre Gliedmaßen sind anstatt seitlich, wie es bei den meisten Säugern üblich, direkt unter ihrem Körper zu finden. Drollig.

© BBC & polyband / Simon Blakeney

Der Aufwand, der beim Filmen betrieben wurde, ist immens hoch gewesen, was man den Aufnahmen auch anmerkt. Die Folge „Insekten“ protzt mit Nahaufnahmen und Kamerafahrten, die ich so zuvor noch nie gesehen habe. So sieht man riesige Ansammlungen von Schmetterlingen in Bäumen hängen, die sich immer wieder in „Explosionen“ zerstreuen und wieder neu zusammenfinden. Das ist nicht nur interessant, sondern auch imposant.
Jede der 10 Folgen hat so seine Highlights, allerdings fallen die Folgen „Jäger und Gejagte“ und „Primaten“ etwas zurück. Beide sind wirklich schön anzuschauen, aber sowohl von den gebotenen Bildern als auch vom Informationsgehalt, bieten sie keine größeren Aha-Erlebnisse.
Im Falle „Primaten“ ist das nicht so schlimm, ist es doch die emotionalste Episode. Das mag daran liegen, dass unsere nächsten Verwandten die Hauptrolle spielen. So sehr man sich auch immer wünscht, dass andere Tiere sich eine gewisse „Unschuld“ bewahren könnten; hier wird das Gegenteil gezeigt. So sieht man eine Population von Japanmakaken, die sich in der kalten Umgebung ihrer Heimat an heißen Quellen erfreuen. Zumindest einige von ihnen, denn die Tiere schließen andere aus und hindern sie daran, in die Quellen zu steigen. Das hat nichts damit zu tun, dass kein Platz mehr wäre, sondern einfach damit, dass die sozial niedriger Gestellten kein Anrecht darauf zu haben scheinen. Dieses Verhalten kann letztlich zum Tod führen. Im Prinzip ist das ein faszinierendes Verhalten - macht jedoch auch sehr traurig. Die Schimpansen zeigen im Gegenzug Mitgefühl, Empathie und Freundlichkeit. Ein wirklich ergreifender Moment ist, als eine Schimpansendame sich bei einem Artgenossen ein Werkzeug leiht. Das hört sich jetzt irgendwie blöde an, warum sollte das ergreifend sein? Naja, die Mimik der Tiere ist sehr gut eingefangen und man kann die Kommunikation sehr direkt miterleben.

© BBC & polyband / Patrick Morris

Die Stärken der Reihe sind die Zeitraffer- und Massenaufnahmen. Die Folge „Pflanzen“ zeigt die Verwendung des Zeitraffers natürlich exzessiv, so dass die Pflanzen sich beim Wachsen förmlich an anderen Pflanzen festkrallen und vorwärtstasten wie ein bewusst agierendes Lebewesen. Unfassbar eine Montage eines englischen Waldstücks, dessen Wuchs über 2 Jahre abgefilmt wurde. Die Entstehung dieser Szene ist in einem der Making-Ofs zu sehen, die alle mindestens genauso interessant sind, wie die eigentlichen Folgen.
In der Folge „Wesen der Ozeane“ wird die Wanderung von etwa 250 000 Seespinnen gezeigt, die wie eine riesige Armee über den Meeresboden zieht. Das sind einfach Eindrücke, die einen so schnell nicht wieder loslassen.

Inhaltlich gibt es also so einiges Interessantes zu berichten. Das Bild ist in den meisten Fällen aufgrund der HD-Aufnahmen wirklich brillant. Die Luftaufnahmen in der Episode „Vögel“ sind wirklich atemberaubend. Leider ist die Qualität bei die Fische drin nicht durchgängig auf diesem hohen Niveau. Teilweise wirken die Szenen wie Archivaufnahmen aus den Siebzigern. Allerdings muss man hier auch wirklich sehen, dass Unterwasseraufnahmen nicht zu den leichtesten Aufgaben für Mensch und Technik zählen.
Die beiden Sprecher für Englisch und Deutsch sind Sir David Attenborough und Mark Bremer. Gerade der Sir macht mit seinem kultivierten Akzent echt Spaß. Beide bringen die Informationen angenehm 'rüber und verhindern, dass der Kommentar zu einem monotonen Nebengeräusch wird.
Das Bonusmaterial zeigt die Schwierigkeiten beim Dreh. Die insgesamt etwa 115 Minuten sind wirklich sehenswert.

© BBC & polyband / John Weller

Life - Das Wunder Leben: Die komplette Serie ist eine ganz töfte Sache. Besitzer der Einzelveröffentlichungen von Volume 1 und 2 sollten allerdings die Finger davon lassen, es sei denn sie möchten ihre schon vorhandenen Blu-rays oder DVDs in einer anderen Verpackung nochmals erstehen. Weder Inhalt der Datenträger noch Booklet unterscheiden sich.

9,1 Oods im Gorilla-Kostüm