Mittwoch, 20. November 2013

Der Mann mit den Röntgen-Augen (1963) [Anolis]

Der Mann mit den Röntgen-Augen (1963) [Anolis]

Dr. James Xavier (Ray Milland) ist ein eigentlich hoch angesehener Wissenschaftler und als solcher forscht er natürlich viel rum. Zum Beispiel wie zur Zeit an einem Mittelchen um seine kleinen menschlichen Augen zu einem übermenschlich, fantastischen Guckwerkzeug zu machen. Gar nicht dumm der gute Doktor. Aber ob das wirklich klappt? Jedenfalls erfindet er eine coole Tinktur durch die man auch wirklich sehr viel besser und sogar in einem neuen Spektrum sehen kann. So ergeht es jedenfalls dem armen Versuchsäffchen das vor Schreck, weil es eben so toll gucken kann wie noch nie, tot umfällt. Hat ja super funktioniert. Kein Wunder also, dass Xavier das Teufelszeug sofort an sich selbst ausprobiert, auch wenn die assistierende Doktorin Diane Fairfax (Diana Van der Vlis) ihn entschieden davon abrät. Zuerst geht sein Plan allerdings auch auf. Er sieht nicht nur besser, sondern auch durch so manche Schicht hindurch. Plötzlich kann er Leuten unter die Klamotten schauen und bald sogar unter die Haut, durch Menschen hindurch und sogar durch Wände.

Allerdings hätte er besser vom toten Affen lernen sollen. Denn mit seinen gottgleichen Fähigkeiten, beginnt sein Abstieg. Nachdem er ganz aus Versehen einen Kollegen aus dem Fenster des Krankenhauses feuert muss er fliehen. Fürs erstes kommt er auf dem Rummelplatz unter, wo er als Mentalo der Hellseher auftreten muss um sein Geld zu verdienen. Als ihm das Versteck auch verloren geht, macht er sich auf zum Sündenpfuhl Las Vegas, der ihn ohne Umwege in der erbarmungslosen Wüste landen lässt.

Nummer Zehn der Rückkehr der Galerie des Grauens und somit wäre auch die zweite Analos Klassiker Reihe vollständig und der Pappschuber gefüllt mit feinem Trash vergangener Tage. “X - The Man with the X-Ray Eyes” ist nun schon der dritte Cormansche Erguss der auf die Käufer los gelassen wurde in dieser Galerie. Corman geht natürlich immer, aber gerade der Röntgen-Augen Mann hat es schwer bei mir. Jedenfalls sah ich Oscarpreisgewinner Ray Milland schon in jungen Jahren in “X”. Neben seiner recht hochklassigen Hollywoodkarriere war er auch gerne mal in American International Pictures Produktionen wie dieser hier oder auch “Das Ding mit den 2 Köpfen” zu sehen, in dem er übrigens einen alten und todkranken Rassisten spielt, dessen Kopf auf den Körper von Pam Griers Cousin verpflanzt wurde. Und auch wenn er ohne Frage ein guter Lead ist, konnte ich dem Film damals absolut nichts abgewinnen und auch beim zweiten und dritten mal wurde es nicht besser. Eine zu große Qual kann der Film dann aber doch nicht sein, schließlich habe ich ihn mittlerweile schon sechs mal gesehen, zumindest wenn man die Durchgänge mit den Audiokommentaren dazu rechnet.

Trotzdem ist der Film noch weit davon entfernt einer meiner Lieblings Cormänner zu sein meine anfängliche Antipathie ist aber mittlerweile verloren. Das Dings war damals vor allem, dass der Horroranteil recht gering ist und auch die Science-Fiction Komponente ist recht auf dem Teppich geblieben. Wir haben es bei Dr. James Xavier, im selben Jahr entstanden ist wie Professor Charles Xavier von den X-Men, mit einem der vielen verrückten Wissenschaftlern der Science-Fiction der Fünfziger und Sechziger zu tun. Im Vergleich zu seinen Genossen von der Mad Scientist Gewerkschaft (MSG) ist James eigentlich ein recht zarter Vertreter seiner Zunft. Der Affe ist an seinem Tod eigentlich selbst schuld, warum erschreckt er sich auch, dann schubst er aus Versehen einen Arzt aus dem Fenster, aber nur um die Operation an einer jungen Frau nicht zu versauen und dann ergaunert er sich ein wenig Geld in einem Kasino. Na ja vielleicht hat er noch ein paar Damen vor den Biber geguckt, aber ansonsten wirklich ein harmloser Wissenschaftler.

Da wird das Problem für alle liegen, die einfach nur einen trashigen Corman Streifen wollen. Das Budget war mit Zweihundertirgendwastausendollar nicht unbedingt groß und den Großteil davon hat auch Milland bekommen. Daher fehlte nicht nur bei den Sets, sondern vor allem für die Effekte das nötige Geld. Ganz abgesehen davon dass meinem jugendlichen Ich keine Röntgenstrahlenmonster geboten wurde, bekam es auch abgesehen davon nicht viel reißerisches geboten. Die Effekte beschränken sich also auf einige Kontaktlinsen, ein paar Tropfen Blut während einer Operation und ansonsten wird der Röntgeneffekt durch Einblendungen und Farbfilter verdeutlicht Nichts besonderes also. War damals natürlich ein Totalausfall für mich. Denn auch ansonsten passiert nicht so viel. Der Doktor muss bald fliehen, hängt dann als Schausteller auf dem Rummel rum, dann geht’s nach Las Vegas und von da aus geht es weiter in die Wüste, wo eine komische Wüstensekte sein Ende einläutet.

Wirkte damals langatmig, wirr und ziellos auf mich. Das Ende machte wenig Sinn für mich und war eher daneben. Vieles davon sehe ich mittlerweile anders, auch wenn ein paar Probleme geblieben sind. Erstmal sollte gesagt sein, dass Corman hier mit seinem Cast wirklich Glück hatte. Milland ist ein zurecht ausgezeichneter Darsteller und ist durchaus dazu in der Lage den Film über lange Strecken alleine voranzutreiben. Seriendarstellerin Diana Van der Vlis legte auch eine solide Performance hin und auch nicht zu vergessen ist Charakterdarsteller Morris Ankrum, der hier seine letzte von über 200 Rollen haben durfte. Des weiteren zu nennen, wären John Hoyt, Filmnerds vor allem als Flesh Gordons Vater bekannt und Hollywood Urgestein Don Rickles, der bis heute noch aktiv ist und zum Beispiel dem Kartoffelkopf in Toy Story 1-3 seine Stimme geliehen hat. Vor allem tun diese Darsteller dem Film gut, da Corman nur selten ein Talent dazu entwickeln konnte seine Darsteller zu motivieren. Gute Schauspieler waren auch unter seiner Regie gut, schlechte verbesserten sich aber nie wirklich.

Ganz im Gegensatz dazu muss man trotz aller Unkenrufe auch mal anmerken, dass der gute Roger schon weiß wie man eine Szene zu gestalten hat, wie man schwächen ausgleicht, ein günstiges Set wirkungsvoll einsetzt und überhaupt wo er die Kamera hin zu halten hat. So macht füllt er die, für einen Rummel recht steif wirkenden Studiokulissen mit genügen Statisten um sie doch noch lebendig erscheinen zu lassen und fügt für Transiotion Shots gerne mal echtes Rummelfootage ein. Man kann nicht von einer perfekten Illusion sprechen, jedoch wirken die Handlungsorte trotz der beschränkten und nur einfachen Mittel doch überzeugend aus. Insgesamt ist die Optik hier aber eh nicht allzu wichtig. Wie ich schließlich schon erwähnte, sind die Effekte Budgetgebunden eher einfach. Am Ende erweist sich gerade dieser nüchterne Umgang mit den trashigen Elementen als größte Tugend des Röntgenauges heraus.

So bleibt nämlich so viel Platz wie nur möglich für die Entwicklung des Doktors und das ist wichtig. Die Prämisse des Stücks ist nämlich, dass der Doktor irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Am Ende sieht er nämlich so gut, dass er durch die normalen Dinge unserer Welt nur noch hindurch sieht. Er verliert sozusagen den Blick für das menschliche und alles was unsere Welt ausmacht. Ähnlich wie der Mensch, der die Ameise nicht wahrnimmt, entfernt sich der Doktor wie eine Art Gott stetig weiter von seinen Mitmenschen und rutscht immer mehr in ein schäbiges und aussichtloses Leben ab. Erinnert im Aufbau ein wenig an einen Prototypen der Geschichte des Dr. Manhattan aus Watchmen, nur nicht ganz so durchdacht und nur mit einem sehr holprigen christlichen Subtext. Darüber hinaus sorgen die zurückhaltenden Schockmomente des Films dafür, dass der finale Twist heftiger rüberkommt, als wenn der gesamte Film auf Grusel ausgelegt gewesen wäre. So erschreckt das Ende auch heute noch überraschend gut.

Auch wenn ich mit langsam mit dem Film angefreundet habe gibt es einiges das mich stört. Zum Beispiel bleiben alle Figuren neben dem Doktor sehr blass. Des Weiteren kann bis zum Ende hin nicht wirklich etabliert werden, wie seine Röntgenaugen funktionieren. Besser gesagt gibt es da überhaupt keine Konstante. Mal sieht er nur durch dünne Stoffe, in der nächsten Szene auch mal durch Wände und Stahlträger, dann nur durch menschliche Haut und so weiter. Teilweise kann er den Blick scheinbar auf einzelne Objekte fokussieren und sieht den Rest der Welt noch ganz normal. Jedenfalls funktioniert seine Fähigkeit, sein Fluch, immer gerade so wie das Drehbuch es gerade braucht. Erweckt einen sehr ungeschickten und zu konstruierten Eindruck. Hinzu kommt noch, dass eher wirre Drehbuch mit den Stationen Krankenhaus, Rummel, Las Vegas und Wüste. Dabei könnte fast denken ein altes Serial zu sehen, so sehr erscheinen die einzelnen Kapitel wie eigenständige Teile. Dadurch hat der Film etwas unangenehm, schlecht getimtes an sich. Die Übergänge sind mehr als holprig und so richtig logisch erscheint mir der Ablauf der Geschehnisse immer noch nicht. Nur das total merkwürdige, fast schon psychedelische Ende lass ich so durchgehen, weil es so effektiv ist.

Zum Abschluss bietet die Galerie also noch einen eher ernsthaften Science-Fiction Film, dessen Qualität diskussionswürdig erscheint. Irgendwie mag ich ihn recht gerne, dann aber auch nicht. Eine Vorliebe für den etwas anderen Film hilft also sicherlich weiter. In jedem Fall aber wert einmal gesehen zu werden. Wenn er dann nicht gefällt, dann ist es eben so.

Und wer sich dafür dann begeistern kann, macht mit der DVD von Anolis natürlich nichts falsch. Das Bild ist knackig frisch und auch der Ton ist gut, sowohl bei der gekonnten deutschen Synchro, wie auch dem O-Ton. Kernstück des Bonusmaterials ist der englische Audiokommentar von Roger Corman. Der Kultproduzent und Regisseur, führt mal wieder sehr sympathisch durch den Film, vergisst nur manchmal zu kommentieren und beginnt seinen Film zu schauen. Macht ihn letztlich aber auch nur sympathischer. Auch einen deutschen Kommentar gibt es wieder. Und zwar von Ingo Strecker (isst diesmal nichts) und Robert Zion (findet Herrn Corman dufte). Die beiden haben Spaß, bringen einige Infos auf den Tisch und schweifen gerne auch mal dezent ab. Lässt sich entspannt hören und ist zudem noch informativ. Dann wäre da noch die circa 6 Minuten lange alternative Eröffnungssequenz die nie verwendet wurde, eine Bildergalerie mit Aushangbildern und Pressestimmen, sowie der deutsche und auch englische Trailer. Wer dann noch ein wenig sucht, kann erneut ein Easter Egg auf der DVD finden. Mit enthalten ist natürlich auch wieder ein Booklet mit einigen weiteren Infos. Runde Sache, hoffen wir das es schon sehr bald eine dritte Galerie geben wird. Ich freue mich jedenfalls über jeden dieser Titel, der so liebevoll konserviert wird.

6 von 10 Röntgenkatsemies