Dienstag, 20. Mai 2014

Lautlos im Weltraum (1972) [Koch Media]

Lautlos im Weltraum (1972) [Koch Media]

Mindestens in hundert Jahren in der Zukunft, ist Leben wie wir es kennen auf der Erde nicht mehr möglich. Auf dem Planeten wächst nichts mehr und die Menschheit hat sich neue Wege gesucht um am Leben zu bleiben. Von diesem Überlebenskampf bekommt Astronaut Freeman Lowell (Bruce Dern) nicht allzu viel mit. Mit drei weiteren Piloten schippert er auf einem Forschungsschiff durchs All. Auf diesem Schiff sind Gartenkuppeln montiert, in denen Lowell versucht verschiedene Tier- und Pflanzenspezies zu erhalten. Seine drei Kollegen interessieren sich dafür nicht sonderlich und kümmern sich nur um die Wartung des Raumschiffs. Als sie den von der Erdregierung den Befehl bekommen ihre Forschungsmission vorzeitig zu beenden, die Gärten zu zerstören und zurück zur Erde zu kehren, fällt Lowell vom Glauben ab. Er erzielt doch gute Ergebnisse, die die Erde irgendwann retten könnten. Anstatt den Befehlen zu folgen, räumt er seine Kollegen aus dem Weg und beschützt seinen Garten.

Mit “Silent Running”, beziehungsweise “Lautlos im Weltraum”, wie der Film bei uns heißt, verbinde ich äußerst diffuse Kindheitserinnerungen. Ich erinnere mich an einen Garten im All und an sehr süße Roboter. Mehr nicht. Nun ist der Film über Koch Media in der “Masterpieces of Cinema” Reihe auf Blu-ray Veröffentlicht, was mich zu einer Neusichtung überreden konnte. Interessant ist im Vorfeld schon mal der Regisseur. Dabei handelt es sich im Douglas Trumbull, der zumindest als Regisseur nicht gerade ein großer Name ist. Eine Reihe von Kurzfilmen, bevorzugt aus den Achtzigern stammen von ihm, darunter auch der Short für den “Zurück in die Zukunft” Ride in den Universal Studios. Nichts besonderes also und nur wenig kurioses. Trotzdem ist Trumbull ein großer Name, denn schließlich saß er nicht nur auf dem Regiestuhl und produzierte, sondern war auch diverse male für die Spezialeffekte zuständig. Und das ist etwas, dass er wirklich beherrscht. So war er für die Effekte bei Stanley Kubricks “2001: Odyssee im Weltraum” und bei anderen Science-Fiction Klassikern wie “Andromeda”, “Star Trek” und “Blade Runner” zuständig.

Wie ihr aber vermutlich schon anhand meiner wenig subtilen Andeutung vermuten könnt, ist Trumbull zwar ein genialer Effektmann, Regie ist allerdings nicht unbedingt seins. Auch Deric Washburn und Michael Cimino, die gemeinsam auch das Drehbuch zu “Deer Hunter” geschrieben haben, hinterlassen hier nicht unbedingt den besten Eindruck.
Schluss mit dem Drumherumgerede. Der Film ist totaler Mumpitz. Viele Leute sehen es zwar anders, aber ich bin der Meinung, dass sie viel zu gnädig sind. Natürlich muss man jedem Verteidiger des Films in einem Punkt recht geben: Der Handlung von Silent Running liegt wirklich eine wichtige und heute nicht weniger akut wichtige Botschaft zugrunde. Die frühen Siebziger waren nicht nur die Zeit der Hippies, sondern auch eine Dekade einer umweltfeindlicheren globalen Industrialisierung und gleichzeitig eine Zeit, in der Fertigprodukte und Fertigfraß einen Siegeszug führen konnten. Und da ist es ohne Frage löblich, wenn man einen Film erschafft, der sich für gesundes Essen und für einen grünen Planeten einsetzt. Etwas mehr als diese Botschaft und hübsche Sets brauch man aber schon.

Letztlich ist es nämlich so, dass nicht mal die positive Botschaft richtig rübergebracht wird. Lowell erzählt wie wichtig die Natur ist, führ einmal sogar eine emotionsgeladene Ansprache zu dem Thema. Dabei versäumt der Film es aber Gründe zu nennen warum Lowells Ansichten die richtigen sind. Stattdessen beschimpft er seine, zugegen sehr dummen und nervigen Kollegen und argumentiert mit “Pflanzen sind wichtig weil sie wichtig sind und überhaupt ist das alles viel besser als eure Astronautennahrung!” Nicht unbedingt eine Aussage mit der man eine Diskussion gewinnen kann, noch wird diese Botschaft Kinogänger beeindrucken (obwohl einige Kommentare in Filmforen etwas anderes besagen). So sitzen jetzt ein paar Hippies vor dem Film und drücken sich ein Tränchen weg wenn Dern in seiner Mönchskutte, mit einem Aufnäher von Smokey dem Feuerabwehrenden Bären darauf, durch den Garten stapft, übergewichtige Eichhörnchen beobachtet und dabei dem schrecklich kitschigen Soundtrack von Joan Baez lauscht. Alle anderen werden hämisch kichern, denn auch egal wie gut die Botschaft sein mag, die emotional manipulierende Aussage über ein kleines Mädchen, das niemals die Schönheit eines Blattes in ihren Händen halten wird ist erstmal totaler Esoterikmist und zweitens kein Argument warum man die Natur bewahren sollte.

Bruce Dern (The Hole) muss nach den ersten Minuten dieses Kammerspiel ganz alleine am Leben erhalten, was ihm nicht so recht gelingen mag. Problematisch ist dabei nicht etwa sein schauspielerisches Talent, das ist nämlich vorhanden. Eher krankt es daran, dass der Film uns verkaufen möchte, Lowell wäre eine letzte Chance für die Erde, ein guter Mensch und ein kleines Genie. In Wirklichkeit sehen wir aber, wie seine Arbeitskollegen für “die gute Sache” opfert (was am Ende gut mit einer warnenden Botschaft hätte kombiniert werden können. So im Sinne von: “Eine bessere Welt ist notwendig, doch müssen wir gewarnt davor sein, nicht die Fehler unserer Gegner zu begehen.“), danach lässt er den Garten verkümmern und programmiert die Roboter um. Mehr passiert nicht. Lowell scheitert völlig daran zu tun was er eigentlich wollte, zudem ist er ganz klar der böse der Geschichte, der am Ende vollkommen umsonst den letzten erhaltenen Garten opfert, seine Kollegen ermordet hat und sich selbst in die Luft sprengt. Schlimmer eigentlich noch die unterschwellige, wenn auch nicht beabsichtigte Botschaft, sein zweiter Robofreund müsse mit ihm sterben, da er nicht mehr voll funktionsfähig ist (übrigens nachdem er ihn vollkommen absichtlich überfahren hat) und daher keinen Nutzen mehr für den Garten hat.

Ein letztes Wort noch zu den drei kleinen Robotern. Diese sehen nämlich nicht nur sehr niedlich aus, weshalb der Film sicherlich gut als Kinderfilmfunktioniert, schließlich waren sie auch bei mir das einzige was hängen blieb, sondern funktionieren auch auf spannende Weise. Dabei handelt es sich ebenso wie zum Beispiel bei R2-D2 aus Star Wars, um ein kleines Kostüm, in das, in diesem Fall jugendliche mit Beinamputationen gesteckt werden. Diese laufen in dann den gesamten Film in diesen schweren Kostümen auf ihren Händen. Großen Respekt also an Mark Persons, Steven Brown, Cheryl Sparks und Larry Whisenhunt.

Tolle Setdesigns, gute Modelle, eine wichtige Botschaft und einen nicht untalentierten Lead. Trotzdem ist Silent Running unüberlegt, teilweise schrecklich stumpf und stupide, extrem langatmig, langweilig und sich dann doch nicht sicher was ausgesagt werden soll. Was wirklich ein wichtiger Genreklassiker hätte werden können ist viel mehr eine Geduldsprobe geworden.

Die Blu-ray von Koch Media erscheint in einer hübschen Steelbook Variante. Der Inhalt wurde hübsch restauriert, wobei die HD Qualität den Raumschiffmodellen und allen anderen Spezialeffekten natürlich nicht gerade schmeichelt. Ein paar Szenen leiden zudem unter starkem Bildrauschen. Dafür sind die Farben knackig. Die deutsche Synchro ist ebenfalls gut. Das wichtigste an diesem Release ist allerdings das umfangreiche Bonusmaterial. Der Hauptfilm kann nun auch mit einem Audiokommentar von Trumbull und Dern angesehen werden, der Kinotrailer ist anwählbar, genauso wie ein 35-minütiges Interview mit Trumbull und ein 11-minütiges Interview mit Dern. Hinzu kommt noch die 17 Minuten lange Super 8 Variante des Films und die wirklich sehr interessante Making-Of Doku “The Making of 'Silent Running'” die mit einer Laufzeit von knapp 50 Minuten nicht nur sehr ausführlich geraten ist, sondern mit Scott Beach als Erzähler noch eine fabelhafte Stimme mit an Bord hat. Beach startete seine Karriere übrigens mit George Lucas, bei dessen “THX 1138” er als Erzähler zu hören und bei “American Graffiti” er zu sehen war. Zuletzt werden euch noch eine Sammlung von Werbematerial und Fotos vom Set geboten.

4,8 von 10 Grab-grab-Roboter