Freitag, 26. September 2014

Amokspiel (Lübbe Audio)

Amokspiel (Lübbe Audio)

Bei einer Führung durch einen Berliner Radiosender kommt es zur Katastrophe, einer der Gäste wollte nämlich nicht nur das Studio begutachten, sondern hatte einen ganz anderen Plan. Er nimmt alle anderen Mitarbeiter und Gäste des Senders als Geiseln und bedroht sie mit einer Pistole. Seine Forderung handelt von seiner Verlobten, denn nur wenn sie zu ihm ins Studio kommt, würde er die Geiseln wieder frei lassen. Da gibt es nur ein Problem: Seine Verlobte ist seit einiger Zeit nicht mehr am Leben. Jede Stunde wird er jedoch den so genannten “Cashcall” des Senders weiter spielen und für jeden Anruf, der nicht mit der genannten Parole eröffnet wird, muss eine Geisel sterben. Verzweifelt wendet sich das SEK an Ira Samin (Vera Teltz) eine erfahrene und überaus talentierte Polizeipsychologin, die allerdings selbst genug Probleme hat und kurz davor war ihrem Leben ein Ende zu setzen. Jetzt sitzt sie allerdings in einem Helikopter auf dem Weg zum Studio. Wird sie ihren vielleicht letzten Fall unblutig über die Bühne bringen können?

Mit “Die Therapie”, “Das Kind” und anderen Bestsellern konnte Sebastian Fitzek sich in den letzten Jahren einen großen Namen machen. Einen soliden bis sehr guten Thriller nach dem anderen kann man von ihm erwarten und so kam es neben einer Verfilmung von “Das Kind” auch zu einigen Hörbuchadaptionen. Als Hörspiel hat man bisher aber nur “Das Kind” umgesetzt und zwar als monumental langes Hörspiel in einer komplett ungekürzten Umsetzung. Nach dem Erfolg dieses Hörspiels machte sich der Online Dienst Audible auch an eine Hörspielversion von “Amokspiel”. Mit einer Laufzeit von 426 Minuten ist auch dieses Hörspiel ein kleiner Epos geworden, der zuerst wieder Digital, nun aber auch auf 6 CD’s über Lübbe Audio vertrieben wird.

Von Anfang bis Ende bekommt man hier einen mitreißenden und intelligenten Thriller präsentiert. Das Konzept der Amoklaufs ist interessant und lässt die Geschichte über weite Strecken lang zu einem angespannten Kammerspiel mutieren. Über lange Zeit ist unklar ob Jan May wahnsinnig ist oder ob doch mehr hinter seinem Verhalten steckt. Als Widersacherin steht ihm eine abgehalfterte Polizeipsychologin entgegen, die selbst genügend Probleme mit sich herumschleppt. Allein die beiden Hauptfiguren haben sehr viel an Tiefe zu bieten und währen auch ohne die zig Wendungen gegen Ende spannend. Die vielen Twists werden am Ende dann aber doch etwas too mich. Jedenfalls ist nicht jede Wendung des letzten Aktes wirklich glaubwürdig. Der Weg dahin geht man aber fehlerhaft und viele Punkte verliert man dadurch dann auch nicht. Schwieriger finde ich dann doch die ungekürzte Hörspieladaption. Nur weil blumige Beschreibungen und ausgedehnte Dialoge im Buch und Hörbuchformat funktionieren, handelt es sicht dabei nicht unbedingt um die beste Lösung für eine szenisch und lebendig inszenierte Version. Einiges ist somit doch zu lang geraten und hätte durchaus ganz anders wirken können, hätte man an den richtigen Stellen ein wenig gekürzt. So wird öfter mal mehr erklärt als nötig ist.

Knapp 30 Sprecher waren daher auch nötig um die Geschichte lebendig werden zu lassen. Ganz vorne mit dabei sind Vera Teltz und der als Elijah Woods deutsche Stimme bekannte Timmo Niesner. Als Erzähler konnte man Simon Jäger gewinnen. Auch die Nebenrollen sind nicht minder gut besetzt. So werden weitere Charaktere von bekannten Größen wie Oliver Rohrbeck, Uve Teschner, Julia Stoepel, Detlef Bierstedt, Dennis Schmidt-Foss, Kai Schwind und vielen anderen gesprochen. Schlechte Leistungen muss man genauer suchen um sie zu finden und abgesehen von 1-2 wirklich kleinen Rollen die mich störten gibt es hier nichts auszusetzen.

Musikalisch hält man sich sehr zurück und auch die Soundkulisse wird eher sparsam gefüttert. Hier mal Schritte, dort raschelt Papier, eine Tüte knistert, Alarm, Hubschrauber Lärm und so weiter. Sehr komplex sind die Szenen daher nicht aufgebaut, aber dadurch entsteht gleichzeitig auch ein recht nüchterner Klang, der nur das nötigste liefert und so zwar keine sehr dichte, aber relativ reale Atmosphäre kreieren kann. Insgesamt also ein starkes, aber unnötig langes Hörspiel. Ein muss für alle Fitzek Fans und auch jeder der auf windige Thriller mit etwas Anspruch sollte mal ein Ohr riskieren.

7,9 von 10 manipulierte Lichtmaschinen