Montag, 10. November 2014

Der Gourmet - Von der Kunst allein zu geniessen (Carlsen Manga)

Der Gourmet - Von der Kunst allein zu geniessen (Carlsen Manga)

Am Wochenende sich mal entspannt ein richtig schönes Mahl gönnen. Spät nachts noch eine feine Sushi-Bar entdecken oder vom Hunger und einem Nerven verzehrenden Arbeitstag geschafft noch schnell was leckeres eingenommen. Egal wie, egal wo, unser Protagonist entdeckt immer ein nettes Lokal in das er einkehren kann. Auch wenn es mal nicht die beste Adresse am Platz ist, genießt er dennoch sein Essen, erinnert sich an vergangene Tage oder kommt auch mal mit seinen Sitznachbarn in seichte Gespräche. Dazwischen immer wieder Termine, von denen er als Vertreter viele zu bewältigen hat, aber der anstrengende Job hat auch seine Vorteile, so kommt er überall in Japan herum, entdeckt somit neue Restaurants, die er sonst nie gesehen hätte und kann die schönen Orte Japans bereisen.

Wie schon in ihrem von mir zuletzt besprochenen gemeinsamen Projekt “Der geheime Garten vom Nakano Broadway” machen Autor Masayuki Kusumi und Zeichner Jiro Taniguchi erstmal das was beide am besten können. Recherche, Recherche, Recherche. Unzählige Restaurants, Imbisse, Take-Away Buden und Snackautomaten überall in Japan mussten gefunden, besucht, getestet, beschrieben und ausgiebig fotografiert werden. Die achtzehn interessantesten Mahlzeiten bekamen dann eigene Episoden, die gemeinsam den Manga “Der Gourmet” befüllen. Um die einzelnen Speisen schrieb Kusumi 1997 noch eine vage Rahmenhandlung. Wir folgen einem Vertreter bei seinem Alltag und nehmen so auch an seinen Schlemmereien teil. Wir begleiten ihn jedoch auch zu geschäftlichen Terminen, einen Kaktusladen und nicht zuletzt führen seine Erinnerungen uns sogar zurück in seine Vergangenheit und eine traurige Nacht in Paris.

Dieses Beiwerk lässt intime Blicke in das Privatleben einer fiktiven Person zu, vermittelt so aber auch gleichzeitig einen spannenden Teil der japanischen Kultur, die so in Manga und Filmen sonst nicht zu sehen sind. Zentral ist dennoch nur das Essen. Ein wenig an Tampopo erinnernd werden die Gerichte hier genüsslich zelebriert. Mal nebenher genossen, mal wird es fast zu einem spirituellen Erlebnis, am wichtigsten bleibt aber der Genuss.

Was Kusumi inhaltlich so wunderschön geschrieben hat, wird von Jiro Taniguchi gewohnt wunderschön und mit unendlicher Akribie und Genauigkeit in feinen Bildern umgesetzt. Ich sage es zwar bei jedem seiner Werke, aber auch diesmal ist es angebracht: Jedes seiner Panels ist ein kleines Kunstwerk! Es ist einfach unnachahmbar, wie er es schafft durch viele Details, die andere Künstler ignorieren würden, die Szenerie belebt und ihr Seele verleihen kann. Die Charaktere, selbst wenn sie meist nur in einer der Episoden vorkommen sind schön ausgearbeitet und jedem geographischen, architektonischen und sonstigem Detail wird hier besondere Beachtung geschenkt.

Alles bestens also und da es für erwachsene Mangafans eh nur sehr wenig Lesestoff gibt, sollte dieser Band eine Pflichtlektüre sein. Sehr schade ist natürlich die Spiegelverkehrte Leserichtung, finde es wirklich bedauerlich, dass man vor Taniguchis Werken nicht den nötigen Respekt hat und die Leserichtung jedes mal umkehrt. Das hatten wir eigentlich schon lange überwunden sollte man denken. Ansonsten ist die Aufmachung aber gelungen. Der Manga kommt im Großformat, mit einem ausführlichen Vorwort, einem noch längeren Nachwort und einem schön ausführlichen Glossar.

8 von 10 schwerhörige Sushiköche