Donnerstag, 16. Januar 2014

Außergewöhnliche Geschichten (1968) [Koch Media]

Außergewöhnliche Geschichten (1968) [Koch Media]

Außergewöhnliche Geschichten ist ein Episodenfilm aus dem Jahre 1968. Verfilmt wurden drei Kurzgeschichten von Edgar Allan Poe von drei verschiedenen Regisseuren. Angeführt wird das Trio von Kunsking Federico Fellini (Achteinhalb) und hinter ihm traben Louis Malle (Fahrstuhl zum Schafott) und Roger Vadim (Barbarella) her. Pate standen Poes Erzählungen “Metzengerstein”, “William Wilson” und “Never Bet the Devil Your Head” (Hier unter dem Titel “Toby Dammit” zu sehen). Die Auswahl der Geschichten ist recht ungewöhnlich und mit Fellini ist einer der bedeutendsten Regisseure der Filmgeschichte mit an Bord. Zudem lassen sich unter den Darstellern auch noch ein paar große Stars entdecken. Genug Gründe also um mal in die Masterpieces of Cinema Edition von Koch Media rein zu schauen.

Metzengerstein

Gräfin Federico (Jane Fonda) wurde schon sehr jung zur Erbin derer zu Metzengerstein. Noch nicht ganz eine ausgewachsene Frau, ist sie schon Herrscherin über mehrere Burgen, Schlösser und Ländereien. Sie führt ein lockeres Lotterleben, gibt sich gerne betrunken verschiedenen Männern hin und spielt sadistische Spielchen mit ihren Untergebenen. Eines Tages tritt sie bei der Jagd in eine Fuchsfalle, wird aber von ihrem edlen Nachbarn Baron Wilhelm (Peter Fonda) gerettet. Aufgrund einer alten Familienfehde sind die beiden sich noch nie begegnet, doch die Gräfin verliebt sich sofort in ihn. Als er sie aber wegen ihrem extravaganten Lebensstil zurückweißt wird sie schmollig und lässt Wilhelms Pferdeställe anzünden. Jedoch kommt auch der Baron selbst dabei ums Leben, als er seine kostbaren Zuchtpferde retten will. Kurz darauf wird die Burg der Gräfin allerdings von einem wilden Hengst besucht in dem Federico etwas bekanntes entdeckt.

Metzengerstein ist eigentlich eine der meist übergangenen Kurzgeschichten von Poe. Vermutlich aber zu recht Schließlich war es seine erste publizierte Story und er war nicht sonderlich stolz darauf. Vor allem störte ihn seine plumpe Idee durch etwas deutsch klingendes, nämlich Metzengerstein, versuchen zu wollen zu gruseln. Ansonsten hat die Geschichte nur noch die damals verbreitete Theorie der Seelenwanderung aufgegriffen. Das einzige Besondere ist wohl die zweifelhafte sexuelle Spannung zwischen der Gräfin und ihrem Hengst.



Leider ist auch die filmische Adaption durch Roger Vadim nicht besonders gut. Einzig Jane und Peter Fonda (Nadja) sprechen für den Short. Trashig sieht es aus und Jane Fonda tritt in vielen albernen Kostümen auf. Wer aber genau das sieht kann ein Jahr zurück gehen und sich Vadims Barbarella anschauen. Auch Müll aber unterhaltender und Fonda sieht dort auch albern aus und ist nur leicht bekleidet. Putzig ist es aber schon zu sehen wie sie dem Pferd was auf ihrer Laute vorspielt. Zu erwähnen wäre noch, dass es sich hier um die einzige filmische Zusammenarbeit der Geschwister Fonda handelt, die zudem noch heftig flirten und sich anschmachten müssen. Irgendein Fetisch wird sich damit wohl auch bedienen lassen, genauso wie durch die historisch vollkommen abstrusen Kostüme der Gräfin. Die Sets sind zum Teil aber nicht verkehrt, gefilmt ist die Sache auch solide und das Stallfeuer ist auch recht beeindruckend in Szene gesetzt worden. Und mit den beiden Fondas hat man auch gute Hauptdarsteller, auch wenn Peter sehr schnell gegen einen schwarzen Hengst eingetauscht wird.

Die Handlung selbst wurde eigentlich ziemlich genau umgesetzt. Jedenfalls haben es viele Teile Wort für Wort in den Film geschafft. Gleichzeitig beutet er unterschwellige und angedeutete Erotik großflächig aus, genauso wie Vadim den Sadismus der Gräfin gerne mal in den Mittelpunkt rückt, auch wenn es die Sache nicht weiter bringt. Mittelmäßiges Filmchen.

William Wilson

Wir befinden uns im 19. Jahrhundert. Norditalien ist von österreichischen Truppen besetzt und unter ihnen auch der junge Soldat William Wilson (Alain Delon). Gerade hat er jemanden umgebracht und flieht in eine Kirche um sein tun zu beichten. So erzählt er dem Priester zum ersten mal seine ganze Geschichte. Er berichtet davon, wie seit seiner Schulzeit ein zweiter William Wilson in seiner Nähe war, der immer versuchte der gute Gegenpol zu seinen Taten zu sein.

William Wilson ist eine moralisierende Geschichte über den Kampf zwischen Gut und Böse, das menschliche Gewisse und natürlich über Schizophrenie. Poes Kurzgeschichte stand wohl auch bis zu einem gewissen Grad Pate für Fight Club. Die filmische Umsetzung dieser Kurzgeschichte ist inhaltlich zwar gar nicht so weit von der Vorlage entfernt. Trotzdem hat man sehr viele Details geändert. Am prägnantesten ist wohl der Unterschied wie die Erzählung beginnt und wie Williams Kindheit vorgestellt wird. Im Film ist er von Anfang an ein übler Sadist und hat nichts gutes an sich. Was auch nicht sonderlich überraschend ist da die Militärschule kein wirklich schöner Ort ist. In Poes Erzählung beginnt alles eher idyllisch zu Williams Schulzeit, wodurch das Böse sehr viel besser alles für sich einnehmen kann und sehr viel erschreckender wirkt. Im Film ist einfach alles von Anfang an böse. Wirkt sehr viel platter und lässt sich nur schwer steigern.


Malle versucht es aber trotzdem. Dabei verliert er sich zusehend in der Darstellung von Sadismus und macht aus William einen schrecklich eindimensionalen Charakter, der der Geschichte letztlich viel ihrer tiefe nimmt und alles nur darauf beschränkt wie gemein die böse Seite von Wilson ist. Insgesamt aber doch in allen belangen besser als Metzgerenstein, woran aber auch die Vorlage viel Schuld mit trägt. Ein großer Lichtblick ist zudem noch der gerade für damalige Zeiten sehr aufreizende Auftritt von Brigitte Bardot (Reif auf jungen Blüten).

Toby Dammit

Toby Dammit (Terence Stamp) ist ein erfolgreicher, aber vom Erfolg korrumpierter Schauspieler. Gerne pöbelt er, verliert die Kontrolle über das was er in der Öffentlichkeit sagt, wird gewalttätig oder betrinkt sich bis zur Besinnungslosigkeit. Meist betrinkt er sich aber einfach nur. Darunter hat seine Karriere mittlerweile schon immens gelitten und so nimmt er einen Schauspieljob in Italien an. Bezahlung gibt es keine, aber dafür bekommt er einen goldenen Ferrari. Aber auch in Italienverfolgen ihn seine Dämonen und so führt das Widersehen mit einem Ball spielenden Mädchen in sein endgültiges verderben.

Das dicke Ende kommt zum Schluss. Federico Fellini ist als einziger großer Regisseur des Projekts übrig geblieben. Neben ihm sollten damals nämlich eigentlich Orson Welles (Citizen Kane) und Luis Buñuel (Ein andalusischer Hund) in den Regiestühlen sitzen. Aber auch für Fellini lief es nicht wie gewollt. Eigentlich sollte Toby Dammit nämlich nicht von Terence Stamp (Star Wars: Episode I), sondern von Peter O'Toole (Caligula) gespielt werden. Stamp macht seine Sache aber recht ordentlich, auch wenn es schwer ist Fellini auf allen seinen Ebenen zu folgen. Toby Dammit ist nämlich nur eine sehr lose auf Poes “Never Bet the Devil Your Head” basierende Verfilmung. Die Geschichte wurde in die damalige Zeit übertragen und Fellini dreht völlig frei. Viel Effektarbeit trifft auf unzählige absurde Kostüme, überladene Sets, zusammenhangslose Dialoge und so weiter. Besser kann man Kunstkino wohl nicht aufs wesentliche zusammenfassen.

Aber auch wenn sich der Regisseur nur sehr schemenhaft an die Vorlage hält, bringt er die zentralen Punkte ins neue Medium hinüber. Ebenso wie Poe einst, hat auch Fellini der Sache eine aufgesetzte Moral hinzugefügt, nur um sich über diese erwartete Moral lustig zu machen. Auch die groteske Art des Originals wird aufgegriffen und soweit wie möglich aufgeblasen und auch die Veralberung von Mystizismus wird eingebaut. Auch wenn mir vieles nicht einleuchtet, wobei ich auch nicht weiß in wiefern Fellini die Dinge die er nutzt berechnend genutzt hat oder nur um es künstlerisch aussehen zu lassen, Schafft er es sich weit von der Vorlage zu entfernen und gleichzeitig doch eine sonderbar aufrichtige Adaption selbiger auf die Beine zu stellen. Ohne Frage der Höhepunkt dieser Anthologie, wenn auch teilweise sehr anstrengend zu schauen, aber dabei gleichzeitig urkomisch, wie auch verstörend.


Histoires extraordinaires ist ein für damalige Verhältnisse recht harter Film, der aber ansonsten nur wenig zu bieten hat. Metzgerenstein ist eh eine der schwächsten Poe Erzählungen und ohne die Fondas würde sich niemand an den Short erinnern. William Wilson ist da schon besser, aber letztlich auch eher auf reißerische Schlüsselreize ausgelegt. Nur Fellinis Filmchen kann wirklich überzeugen, wird aber bei den meisten auch nicht mehr als Verwirrung stiften. Poe Fans können ja mal reinschauen und wer sich viel mit älteren Filmen beschäftigt sollte der Sache auch mal eine Chance geben.

Die DVD von Koch Media hat hohe Qualität zu bieten. Bild und Ton sind gut, die Farben teilweise etwas blass aber ansonsten gibt es nichts zu meckern. Leider gibt es kein richtiges Bonusmaterial. Der französische Trailer ist mit auf der Disc, genauso wie eine schön aufbereitete Bildergalerie. Mehr ist leider nicht vorhanden, dabei wären gerade Interviews oder ein Audiokommentar sehr interessant gewesen.

6 von 10 feurige Pferdeaugen